Deutsche Vereinigung für Politikwissenschaft

Forschungsnahe Dienste des Fachinformationsdienst Politikwissenschaft - Pollux. Eine Bedarfs- und Zufriedenheitsanalyse. Ein Beitrag von Regina Pfeifenberger

Der Fachinformationsdienst (FID) Politikwissenschaft – Pollux befragt regelmäßig Politikwissenschaftler*innen zu Bedarfen und Wahrnehmung seiner Services. Die aktuelle Umfrage zeigt eine leichte Steigerung der Bekanntheit von Pollux, was die Bedeutung der Öffentlichkeitsarbeit weiterhin unterstreicht. Wichtigste Ressourcen für die Literaturrecherche sind Literaturverzeichnisse und Zitationsangaben aus Zeitschriftenartikeln und Büchern. Open Science und Forschungsdatenmanagement gewinnen an Relevanz und in der Wissenschaftskommunikation zeigt sich ein Wandel: Plattformen wie Bluesky und LinkedIn gewinnen an Bedeutung. Die Umfrage liefert wichtige Einblicke für die strategische Weiterentwicklung von Pollux.

Warum die CDU stärkste Partei in Thüringen und Sachsen ist. Die Grenzen unserer Wahlsysteme und die Möglichkeiten der Alternativen. Ein Beitrag von Steffen Ganghof und Christian Stecker

Die Wahlsysteme in Deutschland erlauben den Wählerinnen und Wählern nur zum Ausdruck zu bringen, welche Partei sie am besten finden. Wie sie zu den anderen Parteien stehen, und welche Parteien sie nicht an der Macht sehen wollen, bleibt unberücksichtigt. Wir nutzen aktuelle Umfrageergebnisse aus Sachsen und Thüringen um zu zeigen, dass bei der vollständigen Berücksichtigung der Wählerpräferenzen die CDU eine deutliche Wählermehrheit hätte. Würden zusätzlich die Regeln der Regierungsbildung und -beendigung reformiert, könnte die CDU eine stabile und demokratisch legitimierte Alleinregierung bilden und im Parlament mit wechselnden Mehrheiten regieren.

Die Macht der blauen Karten. Warum Karten von Wahlkreis- und Gemeindegewinnern den Blick verzerren können. Ein Beitrag von Julius Kölzer, Christian Stecker, Daniel Kuhlen und Leon Siefken

Die medial prominenten Karten, auf denen Wahkreise und Gemeinden in den Parteifarben des Gewinners erscheinen, können zweifach in die Irre führen: Einerseits übertreiben sie visuell die Stimmenanteile von Parteien mit Hochburgen im ländlichen Raum. So wurde z. B. aus 30 Prozent Stimmenanteil der AfD bei den Europawahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen 90 Prozent blaue Fläche auf den entsprechenden Ergebniskarten. Andererseits überdecken die Karten, dass im zersplitterten Parteiensytem der Bundesrepublik die stärkste Partei oder die Wahlkreissiegerin längst keine absoluten sondern nur noch relative Mehrheiten hinter sich bringen. Der Beitrag analysiert diese optischen und demokratietheoretischen Täuschungen.

Die Geschichte zweier Schwestern. Oder warum die Ein-Prozent-Hürde bei Landtagswahlen wichtiger ist als die Fünf-Prozent-Hürde. Ein Beitrag von Jona-Frederik Baumert

Viel wurde bereits über die Fünf-Prozent-Hürde diskutiert. Ist der Ausschluss kleiner Parteien aus dem Parlament ungerecht oder eine Notwendigkeit für das Funktionieren von Demokratie? Weniger im Fokus der öffentlichen Debatte stand bisher die staatliche Parteienfinanzierung. Auch für diese existiert eine Hürde, die bei Landtagswahlen 1% der Stimmen beträgt. In diesem Beitrag zeige ich anhand eines natürlichen Experimentes, dass die Auswirkungen der Ein-Prozent-Hürde üblicherweise unterschätzt und diejenigen der Fünf-Prozent-Hürde überschätzt werden.

Möglichkeitsräume für Antisemitismus? Die Auswirkungen des Nahostkonflikts auf das Sicherheitsgefühl von Jüdinnen und Juden in Deutschland. Ein Beitrag von Heiko Beyer und Bjarne Goldkuhle

Unsere Studie untersucht die Auswirkungen des „Nahostkonflikts“ auf das Sicherheitsgefühl von in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden. Durch eine Online-Befragung, die von Mai 2022 bis Februar 2023 durchgeführt wurde, ergab sich, dass die Sicherheitsbedenken von Jüdinnen und Juden in Deutschland erheblich durch das Misstrauen in Gerichte, die Medienberichterstattung sowie die öffentliche Meinung vermittelt sind: Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die Bedrohungswahrnehmung durch die Erwartung verstärkt wird, dass bei zukünftigen Eskalationen des „Nahostkonflikts“ die deutsche Bevölkerung nicht ausreichend zwischen Juden und Jüdinnen und israelischer Politik differenzieren wird, die Medien nicht ausreichend über Antisemitismus berichten und der Staat keinen ausreichenden Schutz gegen antisemitische Angriffe bietet.

Digitalisierung in Kommunen: Wo bleibt der erhoffte Durchbruch? Ein Beitrag von Justine Marienfeldt, Jakob Kühler, Sabine Kuhlmann und Isabella Proeller

„Warum geht das eigentlich nicht alles digital?“ ist ein Vorwurf, den Kommunen regelmäßig von Seiten der Politik, der Unternehmen sowie der Bürger*innen gestellt bekommen. Mit dieser Frage ist häufig die Hoffnung auf eine Vereinfachung im Umgang mit dem zuständigen Amt verbunden: Anträge nicht mehr ausdrucken, unterschreiben, wieder einscannen zu müssen, damit sie im Amt erneut ausgedruckt werden müssen. Aber kann dieser Erwartungsdruck die Digitalisierung in den Kommunen beschleunigen? In diesem Blogbeitrag argumentieren wir, dass die hohe Komplexität, die sich aus der Aufgabenvielfalt und der Einbettung in das föderale System ergibt, dazu führt, dass die Digitalisierung der Kommunen in Deutschland, Österreich und der Schweiz trotz des Willens der Beteiligten und der unterschiedlichen Ansätze der Digitalisierungssteuerung nur langsam und schrittweise erfolgt. Ein plötzlicher Durchbruch der Digitalisierung ist nicht zu erwarten.

Auf dem Weg in den Plattform-Sozialstaat? Das Onlinezugangsgesetz durch die Brille der sozio-technischen Innovationsforschung. Ein Beitrag von Maximilian Einhaus und Tanja Klenk

Das Onlinezugangsgesetz (2017, Novelle 2024) ist Deutschlands große Aufholjagd in die ehrenhaften Ränge internationaler Digitalisierungs-Rankings und ein gigantisches Entwicklungsprogramm digitaler öffentlicher Infrastruktur. Die allgemein gehaltenen Formeln im Gesetzestext delegieren fast alle Ausgestaltung in ein komplexes Netz dezentraler Governance, das noch viel umfassender Gegenstand politikwissenschaftlicher Implementierungsforschung sein könnte, als es sich bisher abzeichnet. Eine nun vorliegende Fallstudie der Autor*innen zeigt, wie sich der Weg in die Digitalität zwischen fristgerecht-bürokratischer „Elektrifizierung von Anträgen“ und politisch gehaltvollen Visionen zukünftiger (Sozial-)Staatlichkeit abspielen kann. Innerhalb des viel gescholtenen Innovationssystems deutscher Verwaltungsdigitalisierung bilden sich im untersuchten Fall www.sozialplattform.de die Konturen eines zukünftigen Plattform-Sozialstaats heraus – wenngleich von der Existenz eines solchen noch keine Rede sein kann.

Die Parteienlandschaft zur Europawahl 2024. Ein Beitrag von Jan Philipp Thomeczek, L. Constantin Wurthmann, Christian Stecker

Die Europawahl 2024 hat Entwicklungen im Parteiensystem sichtbar gemacht, die eine nachhaltige Transformation einleiten könnten. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), das formal vor einem halben Jahr noch gar nicht existierte, konnte bei seiner ersten Wahlteilnahme überhaupt mit 6,2% der Stimmen bei der Europawahl ein bemerkenswertes Wahlergebnis erzielen. Die Linke befindet sich dagegen elektoral im freien Fall und fällt mit 2,7% der Stimmen weit unter die bei Bundestagswahlen relevanten fünf Prozent. Mit den Freien Wählern und Volt konnten zwei aufstrebende Parteien mehr als zwei Prozent der Stimmen sammeln. Angesichts dieser massiven Verschiebungen stellen sich Fragen nach den inhaltlichen Angeboten der Parteien und ob insbesondere BSW oder Volt bestehende Nischen auf den Wähler*innenmärkten langfristig bedienen könnten. Unser Beitrag wirft einige Schlaglichter auf diese Fragen.

Blogs als Forschungsquelle. Eine Visualisierung der in Pollux erfassten Blogbeiträge. Ein Beitrag von Tobias Holtdirk

Der Fachinformationsdienstes Politikwissenschaft - Pollux integriert seit einem Jahr Beiträge aus über 350 politikwissenschaftlich relevanten Blogs. Dieser Beitrag gibt einen Einblick in die in Pollux nachgewiesenen Forschungsblogs und deren Themen und zeigt auf, dass Blogs eine wertvolle Quelle sind, um neben klassischen Publikationen auch aktuelle Debatten und Perspektiven zu verfolgen.

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) – Eine populistische Partei? Ein Beitrag von Jan Philipp Thomeczek

Die programmatische Einordnung des BSW als links-konservative Partei wurde in der Öffentlichkeit bereits breit diskutiert. Weniger Beachtung hat jedoch die Frage nach der populistischen Ausrichtung von Wagenknecht und ihrer neuen Partei gefunden. In einem neuen Beitrag zeigt J. Philipp Thomeczek (Universität Potsdam) mithilfe von quantitativen und qualitativen Analysemethoden, dass sowohl Wagenknecht als auch das BSW das Etikett „populistisch“ verdienen.