Deutsche Vereinigung für Politikwissenschaft

Diskussionsrunde A2: Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) auf dem Prüfstand

Dienstag, 21.02.2023, 14:00-15:30 Uhr

Die Bundesregierung strebt eine Reform des so genannten Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) an. Damit soll die Vielzahl oftmals sehr kurz befristeter Arbeitsverhältnisse für Wissenschaftler*innen in der Qualifikationsphase (v.a. Promotion, Habilitation) an Universitäten und Hochschulen gesenkt werden.

Um in diesen Reformprozess einzugreifen, hat die DVPW im Sommer 2022 eine Stellungnahme zum WissZeitVG verfasst. Diese beinhaltet im Kern drei Forderungen: Erstens, bei Erstanstellungen soll eine Mindestvertragslaufzeit gelten, die der durchschnittlichen Promotionsdauer im jeweiligen Fach entspricht, also in der Politikwissenschaft vier Jahre. Zweitens, sollen Drittmittelverträge nicht auf die Berechnung der maximalen Befristungsdauer von bislang sechs Jahren pro Qualifikationsphase angerechnet werden. Drittens soll das aktuelle Sonderbefristungsrecht für promovierte Beschäftigte entfallen. Stattdessen sollen Post-Doktorand*innen auf etatisierten Stellen grundsätzlich eine Entfristungsperspektive erhalten (sog. „tenure-track-Modell“). Dies soll zu einer besseren Planbarkeit wissenschaftlicher Karrieren führen und den Verbleib exzellenter Forscher*innen in der Wissenschaft sichern. Zudem lässt sich so auch die Quote von Frauen (Reduzierung des gender gaps) bzw. von Personen mit Care-Verpflichtungen sowie anderen sozioökonomisch herausgeforderten Gruppen in der Wissenschaft erhöhen. Im Späthherbst 2022 wird von der Bundesregierung ein konkreter Reformvorschlag erwartet, der dann in das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren kommen soll.

Diese Diskussionsrunde schafft einen Raum zur kritischen und konstruktiven Auseinandersetzung sowohl mit dem Gesetzesvorhaben der Bundesregierung als auch mit der Positionierung der DVPW zum WissZeitVG. Dabei geht es zum einen um eine Diskussion unterschiedlicher inhaltlicher Positionen, also u.a. das Für und Wider eines Sonderbefristungsrechts, das Für und Wider der sogenannten 6-Jahres-Regel oder das Für und Wider des Tenure-Track-Modells. Zum anderen soll es aber auch darum gehen, wie die DVPW (gemeinsam mit anderen Fachverbänden) und wie die Wissenschaftler*innen in der Qualifikationsphase aus unterschiedlichen Fachverbänden auf den Reformprozess des WissZeitVG weiteren Einfluss sowohl auf die Reform und weitere Entwicklung des WissZeitVG als auch die Handlungsspielräume und Herausforderungen innerhalb des (neuen) Gesetzesrahmens gewinnen können. Auch die Reflexion von Einflüssen des WissZeitVG auf unterschiedlich situierte Wissenschaftler*innen in der Qualifikationsphase über die gemeinsame Betroffenheit hinweg verdient in diesem Zusammenhang besondere Aufmerksamkeit.

Diese Fragen und Herausforderungen werden wir aus unterschiedlichen Perspektiven diskutieren. So sollen neben meist befristet beschäftigten Wissenschaftler*innen in der Qualifikationsphase und etablierten Wissenschaftler*innen mit Festanstellung auch die Perspektiven von Universitätsleitungen, Wissenschaftspolitik, Gewerkschaften und Drittmittelgebern wie der DFG in die Diskussion einfließen.

Organisation der Diskussionsrunde: Ausschuss für die Förderung von Wissenschaftler*innen in der Qualifikationsphase (Q-Ausschuss) der DVPW

Moderation

Nils Stockmann, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Westfälische Wilhelms-Universität Münster und Mitglied im Q-Ausschuss der DVPW

Impulse

Laura Kraft, Mitglied des Deutschen Bundestags für Bündnis 90/Die Grünen

Dr. Álvaro Morcillo Laiz, Netzwerk für Gute Arbeit in der Wissenschaft (NGAWiss)

Henning Rockmann, Leiter der Berliner Geschäftsstelle der Hochschulrektorenkonferenz (HRK)

Prof. Dr. Armin Schäfer, Professor für Vergleichende Politikwissenschaft, Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Mitglied im Vorstand der DVPW

Zur Person

Nils Stockmann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Juniorprofessur für Global Environmental Governance am Institut für Politikwissenschaft der WWU Münster. Seit 2021 ist er Mitglied des DVPW-Ausschusses für die Förderung von Wissenschaftler*innen in der Qualifikationsphase (Q-Ausschuss).

Laura Kraft war vor ihrem Bundestagsmandat wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin an der Universität Siegen. Als Obfrau der Grünen Bundestagsfraktion im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung setzt sie sich für bessere Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft ein.

Álvaro Morcillo Laizforscht zum Geld als Herrschaftsmittel in den internationalen Beziehungen (und in der Wissenschaft). Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Exzellenzcluster „Contestations of the Liberal Script“ an der Freien Universität Berlin. Davor war er Professor am CIDE in Mexiko-Stadt, Marie Sklodowska-Curie Fellow am Wissenschaftszentrum Berlin und member des Institute for Advanced Study in Princeton. Er ist aktiv im Netzwerk für Gute Arbeit in der Wissenschaft (NGAWiss). Seine Texte zum WissZVG sind in JACOBIN und in der FAZ erschienen.

Henning Rockmann ist Leiter der Berliner Geschäftsstelle der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und Bereichsleiter für „Grundsatzfragen des Hochschulsystems, Hochschulrecht und Hochschulfinanzierung“. Der Volljurist war u.a. Mitglied im Beirat für die Evaluation des novellierten Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (2022). Er ist Mitglied im Ausschuss für Mutterschutz beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ).

Armin Schäfer ist seit 2022 Professor für Vergleichende Politikwissenschaft an der Universität Mainz. Sein Forschungsschwerpunkt ist die empirische Demokratieforschung mit einem besonderen Fokus auf politischer Gleichheit. Er ist seit 2015 Mitglied im Vorstand der DVPW.