Deutsche Vereinigung für Politikwissenschaft

Probleme und Potenziale der Forschungsinfrastrukturförderung für die Politikwissenschaft

Die Finanzierung der Forschungsinfrastruktur

Der Anteil von Dritt- sowie Sondermitteln an der Finanzierung der Universitäten ist in den letzten Jahrzehnten stetig gewachsen. Die Probleme, die dies mit sich bringt, sind bekannt und politisch maßgebliche Akteure wie der Wissenschaftsrat plädieren mittlerweile dafür, dieses Verhältnis zu korrigieren und die Funktionen und Aufgaben von Grund- und Projektfinanzierung klarer zu definieren.

Im Bereich der Forschungsinfrastrukturförderung zeigt sich eine ähnliche Problemkonstellation. Illustriert werden kann dies am Beispiel von zwei zentralen Infrastrukturen: 1) der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) und den Fachinformationsdiensten (FID) für die Wissenschaft. Doch zunächst erstmal eine Begriffsklärung.

Was sind Forschungsinfrastrukturen?

Nach einer Definition des Wissenschaftsrats können drei unterschiedliche Typen von Forschungsinfrastrukturen unterschieden werden:

  1. (Groß-)Geräte (vom Mikroskop bis zum Forschungsschiff);
  2. Forschungsinformationsinfrastrukturen;
  3. Informationstechnische Infrastrukturen oder E?Infrastrukturen (bspw. Groß- und Hochleistungsrechner, einschließlich Software).

Für die Sozialwissenschaften haben Forschungsinformationsinfrastrukturen eine besondere Bedeutung. Hierunter gefasst werden unter anderem Sammlungen, Archive, strukturierte Informationen wie z.B. Datenerhebungen und -sammlungen und digitale Datenbanken. In diesem Sinne sind zum Beispiel Bibliotheken als Forschungsinformationsinfrastrukturen anzusehen. Für die quantitative, aber zunehmend auch für die qualitative sozialwissenschaftliche Forschung sind ferner Forschungsdatenzentren als wichtige Infrastrukturen zu nennen. Diese unterstützen Forschende materialartspezifisch und themenbezogen beim Forschungsdatenmanagement.

Nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI)

Die NFDI  ist mittlerweile als Verein konstituiert, unter dessen Dach sogenannte Konsortien bestehen, die bestimmte Wissenschaftsbereiche abdecken. Maßgeblich für die Politikwissenschaft ist dabei KonsortSWD (Konsortium für die Sozial-, Verhaltens-, Bildungs- und Wirtschaftswissenschaften), das vielfältige Services rund um das Forschungsdatenmanagement für die genannten Disziplinen anbietet und weiterentwickelt. Die NFDI ist als eine zentrale Forschungsinfrastruktur für das digitale Zeitalter gedacht und soll einen maßgeblichen Beitrag zur Sicherung und Weiterverwendung von Forschungsdaten leisten.

 

 

 

     

Gleichwohl ist die langfristige Finanzierung aktuell noch nicht geklärt. Wie in einem Bericht des Rates für Informationsinfrastrukturen (RfII) nachgelesen werden kann, wird die NFDI gemeinsam von Bund und Ländern im Zeitraum von 2019 bis 2028 mit bis zu 90 Mio. Euro jährlich finanziert. In welcher Form die NFDI darüber hinaus weitergeführt wird, wird durch die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) auf Basis einer Strukturevaluation durch den Wissenschaftsrat zu entscheiden sein. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und andere wissenschaftspolitische Akteure mahnen vor diesem Hintergrund schnelle Entscheidungen und die frühzeitige Festlegung für die langfristige (auch finanzielle) Absicherung der NFDI an.

Fachinformationsdienste (FID)

Von der DFG finanziert werden im Rahmen einer seit fast zehn Jahren bestehenden Programmrichtlinie die Fachinformationsdienste (FID) für die Wissenschaft: „Als forschungsunterstützende Infrastrukturen bieten Fachinformationsdienste eine am Spezialbedarf der wissenschaftlichen Fächer orientierte, vorrangig digitale und standortunabhängige Informationsversorgung an. Fachinformationsdienste ergänzen somit die Angebote der lokalen Informationsinfrastrukturen der Hochschulen und Forschungseinrichtungen“ (Quelle: DFG).

 

 

Für Politikwissenschaftler*innen maßgeblich ist der Fachinformationsdienst Politikwissenschaft – Pollux, dessen Fokus darauf liegt, einen speziellen Suchraum für die politikwissenschaftliche Forschung anzubieten. Zudem unterstützt der FID die Open-Access-Transformation und bietet seinen registrierten Nutzer*innen Zugriff auf lizenzpflichtige Produkte wie politikwissenschaftliche E-Books, die Datenbank Factiva sowie den Politikmonitoring und -analysedienst Polit-X.

Die FID-Programmrichtlinie ist auf maximal 12 Jahre (3 x 4 Jahre) angelegt. Fachinformationsdienste, die die Maximalförderdauer von 12 Jahren erreicht und sich in ihrer Fachcommunity nachweislich sehr gut etabliert haben, werden künftig die Möglichkeit haben, im Rahmen der neuen FIDplus-Förderrichtlinie finanziell gefördert zu werden. Längere Projektphasen von fünf Jahren und eine angepasste Leistungsmessung sollen dazu führen, dem FID-System mehr Stabilität zu verleihen. Diejenigen Fachinformationsdienste, die gut genutzte Services für ihre Fachcommunities etabliert haben, sollen somit dauerhaft finanziert werden – eine maximale Förderlaufzeit soll es nicht mehr geben. Gleichwohl bleiben auch hier Ungewissheiten, da die Förderung durch die DFG prinzipiell projekthaft ist und dieser Charakter auch bei den FID beibehalten bleiben wird. Wie genau die Förderrichtlinie ausgestaltet sein wird, wird sich 2025 zeigen.

Probleme und Potentiale der Forschungsinfrastrukturförderung

Die in großen Teilen projekthafte Finanzierung von Forschungsinfrastrukturen bringt einige Probleme mit sich. Zu nennen ist hier eine starke Personalfluktuation, da den meist hoch qualifizierten Mitarbeitenden in der Regel nur befristete Arbeitsverträge angeboten werden können. Unklare Aussichten hinsichtlich der langfristigen Finanzierung führen ferner oft dazu, dass vielversprechende technische oder organisatorische Ansätze nicht weiterverfolgt werden können oder kostspielig aufgebaute Angebote wieder eingestellt werden. Untersucht wurde das letztgenannte Problem bspw. für Forschungsdatenrepositorien, die vielfach wegen ausbleibender Finanzierung wieder eingestellt werden, wodurch Forschungsdaten zum Teil unwiederbringlich verloren gehen.

Demgegenüber muss hervorgehoben werden, dass in Deutschland bspw. im Rahmen der NDFI und der FID viel Geld in die Forschungsinformationsinfrastruktur investiert wird. Dabei ist die projekthafte Ausrichtung durchaus auch förderlich, da technisch innovative Ansätze erprobt und implementiert werden können. Der Wettbewerb erzeugende Charakter der Drittmittelfinanzierung sorgt hier für eine gewisse Dynamik und fördert die Vernetzung zwischen den Fachwissenschaften und Institutionen der Forschungsinfrastruktur.

Die zentrale Herausforderung für die Zukunft liegt sicherlich in der Frage, wie überregionale Dienstleistungen der Forschungsinfrastruktur lokal ansässiger und finanzierter Institutionen rechtlich und finanziell organisiert werden können. Hierfür sollten sich Bund und Länder gemeinsam mit den maßgeblichen Forschungsförderern wie der DFG, der Leibniz-Gemeinschaft und anderen auf bessere Rahmenbedingungen verständigen. Wettbewerb, Leistungsmessungen und Evaluationen sind auch im Bereich der Forschungsinfrastruktur sinnvoll einsetzbar. Um Infrastruktur nachhaltig betreiben zu können, braucht es jedoch ein stärkeres Maß an Planbarkeit und einen längerfristigen zeitlichen Horizont. Vertreter*innen der Forschungsinfrastrukureinrichtungen, die Forschenden selbst und ihre Fachgesellschaften sollten gemeinsam für diese Ziele eintreten, denn sie alle würden von nachhaltigeren Forschungsinfrastrukturen profitieren.

Hinweis: Eine längere Version dieses Beitrags erschien als Czolkoß-Hettwer, M., Lein, P. & Mayr, P. Probleme und Potenziale der Forschungsinfrastrukturförderung in Deutschland am Beispiel des Fachinformationsdienstes Politikwissenschaft. Z Politikwiss 34, 101–122 (2024).

 

 

Über den Autor:

Dr. Michael Czolkoß-Hettwer ist Politikwissenschaftler und Projektkoordinator bei Pollux.

 

Über die Rubrik "Pollux. Für die Politikwissenschaft"

In der Rubrik “Pollux. Für die Politikwissenschaft” berichtet das Team vom Fachinformationsdienst (FID) Politikwissenschaft - Pollux regelmäßig von neuen Angeboten und Entwicklungen aus den Bereichen Literaturrecherche, Open Access, Forschungsdatenmanagement, Wissenschaftskommunikation und weiteren Themen, die Informationsinfrastrukturen betreffen. Wir freuen uns über Ihre Rückmeldungen, Anregungen, Fragen und Kritik an kontakt@pollux-fid.de.

Mehr Informationen unter: www.pollux-fid.de

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