Deutsche Vereinigung für Politikwissenschaft

Die Notwendigkeit einer feministischen Analyse der Corona-Krise. Ausgangspunkte für eine demokratische, solidarische und intersektionale Gesellschaftsvision. Appell zum (wissenschafts-)politischen Umgang mit der COVID 19-Pandemie

Feministische Politikwissenschaft versteht sich von jeher als gesellschaftskritische und demokratisierende Kraft. Ihr Einsatz ist das Sichtbarmachen von multiplen Macht- und Herrschaftsverhältnissen, die auch in auf Gleichheit verpflichteten Demokratien fortwirken. Aus dieser Perspektive zeigen sich die in der aktuellen „Corona-Krise“ offensichtlich werdenden Ungleichheiten als Zuspitzungen von Widersprüchen, die bereits die gesellschaftliche „Normalität“ vor der Pandemie geprägt haben.

Das Coronavirus trifft uns nicht alle gleich. Im Gegenteil: Die Corona-Krise hat (auch) ein Geschlecht. In der politischen Bewältigung der Krise offenbart sich brennglasartig die Hartnäckigkeit vergeschlechtlichter Ungleichheiten in ihren intersektionalen Verschränkungen mit anderen Machtverhältnissen, die höchst unterschiedliche Formen von Verletzlichkeit produzieren. Dieser Problemlage steht jedoch die Privilegierung dominanter maskuliner, weißer Perspektiven in der Interpretation der Pandemie gegenüber, die in den Medien, der Wissenschaft, in Politik und Öffentlichkeit zum Ausdruck kommt.

Aufgrund dieser Schieflage, die selbst schon Ausdruck gesellschaftlicher Ungleichheit ist, fordern wir einen wissenschaftlichen wie politischen Umgang mit der Pandemie, der miteinander verschränkte Ungleichheitsverhältnisse systematisch berücksichtigt und feministische und andere gesellschaftskritische Perspektiven zum notwendigen Ausgangspunkt für eine demokratische und solidarische Bewältigung der Krise macht.

Zum Download des gesamten Appels

 

 

Für den Ausbau diskriminierungs- und gewaltkritischer Strukturen! Stellungnahme und Forderungskatalog kritischer Wissenschaft und politischer Bildung in Zeiten von rassistischer und antisemitischer Gewalt und extrem rechtem Terror

Nach den rassistischen, antisemitischen und antifeministisch motivierten Anschlägen von Hanau und Halle und dem Mord an Walter Lübcke hat die Sektion Politik und Geschlecht in der DVPW gemeinsam mit der Fachgruppe Flucht, Migration, Rassismus- und Antisemitismuskrtitik sowie der Fachgruppe Gender der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit (DGSA), der Fachgesellschaft Geschlechterstudien, kritnet, dem Arbeitskreis soziale Bewegungen in der DVPW, dem Rat für Migration, der Sektion Frauen- und Geschlechterforschung in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) eine Stellungnahme sowie einen Forderungskatalog kritischer Wissenschaft und politischer Bildung in Zeiten von rassistischer und antisemitischer Gewalt und extrem rechtem Terror verfasst.

Wir verurteilen Rassismus und Antisemitismus aufs Schärfste. Wir trauern um die Opfer und erklären uns solidarisch mit den Überlebenden und Angehörigen.
Wir stehen für eine engagierte Wissenschaft verschiedener Disziplinen und Forschungsrichtungen: der Politikwissenschaft, der Wissenschaft Sozialer Arbeit, der Soziologie, der Geschlechterforschung, der Migrationsforschung und der Erziehungs- und Bildungswissenschaft. Aus verschiedenen Perspektiven fokussieren wir Studium, Ausbildung, Forschung, politische und berufliche Bildung sowie Soziale Arbeit und entwickeln diese Bereiche weiter. Wir sehen uns in gesellschaftspolitischer Verantwortung und setzen uns kritisch mit Rassismus, Antise-mitismus, (Hetero-)Sexismus, Antifeminismus und weiteren Formen von personeller, institutioneller, struktureller Diskriminierung und ihren Überschneidungen sowie mit der extremen Rechten auseinander.

Zum Volltext der Stellungnahme und dem Forderungskatalog.

Stellungnahme der Sektion Politik und Geschlecht zu den rechtsterroristischen Anschlägen in Hanau

Wir gedenken Ferhat Unvar, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtovi?; Said Nessar El Hashemi, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Kaloyan Velkov, Fatih Saraço?lu, Vili Viorel Pa?n und Frau R., die in Hanau Opfer rechtsterroristischer Gewalt geworden sind und erklären uns solidarisch mit ihren Angehörigen und Freund*innen sowie den Überlebenden und Verletzten des Anschlags. Wir schließen uns der Erklärung der „Arbeitsgemeinschaft der Frauen- und Geschlechterforschungseinrichtungen Berliner Hochschulen (afg)“ an: „Wir stehen für eine Wissenschaft, die die Verflechtungszusammenhänge von Rassismus, Misogynie, Sexismus und Antisemitismus kritisch untersucht, ihre gesellschaftspolitische Verantwortung in Forschung und Lehre wahrnimmt, und öffentlich Stellung bezieht.“

Zugleich verweisen wir auf die Stellungnahme des Instituts für Medienwissenschaften der Universität Tübingen sowie auf das Manifest für ein plurales, post-migrantische Deutschland der neuen deutschen organisationen (https://neuedeutsche.org/), in dem nicht nur daran erinnert wird, dass „Menschenrechte und Minderheitenschutz“ ein essentieller Teil von Demokratie darstellen, sondern auch konkrete sicherheits-, gesellschafts- und bildungspolitische Maßnahmen gegen die Ausbreitung von Rassismus, Rechtsextremismus und menschenfeindlichen Ideologien gefordert werden, um Betroffene staatlicherseits endlich wirksam zu schützen. Als Politikwissenschaftler*innen setzen wir uns mit unserer Lehre und Forschung, aber auch in der Wissenschaftskommunikation für eine plurale, auf Menschenrechten und gleicher Teilhabe basierenden Demokratie ein, in der jegliche Formen von Rassismus, Antifeminismus, Antisemitismus und Islamfeindlichkeit keinen Platz haben.

14. Sprecher*innenrat der Sektion Politik und Geschlecht der DVPW

 

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