Während "Krise" ursprünglich eine entscheidende Wendung bezeichnet, ist mit dem Begriff der Polykrise die Deutung verbunden, dass Krise und Krisenmanagement nicht länger als Ausnahme-, sondern zunehmend als Normalzustand des Politischen zu verstehen sind. In den Fokus rücken Stabilisierungsbemühen sowie der Grad der Vorbereitung (preparedness), der Verletzlichkeit (vulnerability) und Widerstandsfähigkeit (resilience). Aus Sicht der Diskursforschung ist diese Deutung nicht zwingend, sondern vielmehr Ergebnis sozialer Praktiken. Durch sie werden bestimmte Phänomene als Krise konstituiert und als Gegenstand politischer Handlung und polarisierter Auseinandersetzung mobilisiert (Hay 1999, Kutter 2020). Die resultierenden Krisenkonstruktionen sind nicht willkürlich, sondern in etablierten Semantiken von Krise verankert und im Kontext spezifischer historischer Konjunkturen plausibel (Koselleck 2010). Dabei eröffnen Krisen Möglichkeitsräume für (neue) Akteure und – potenziell positive – Veränderungen. So zwingt uns die ‚Polykrise‘, in neuen Zusammenhängen über Politik und das Politische nachzudenken (Kutter, Dück & Barnickel 2022). Zugleich erhöhen Phänomene wie Klimawandel, Artensterben und Pandemien die Relevanz der Frage nach dem Zusammenhang von Materialität und Ausdeutung spezifischer Krisenphänomene. Dabei bedingt unsere Krisenkonstruktion auch, welche Bewältigungsstrategien und Lösungen uns naheliegend und legitim erscheinen. Dies wird im Umgang mit Ausnahmezuständen und Notfallmaßnahmen, sowie politischem Protest und Kontestation deutlich.
Das Panel widmet sich der übergeordneten Frage, welchen Beitrag Ansätze der Diskursforschung zu unserem Verständnis der Polykrise leisten können. Einreichungen sollten daher auf ihre theoretisch-methodologischen Verankerung in der Diskursforschung sowie ihr spezifisches Verständnis von Krisenkonstruktion eingehen. Dabei sind multimodale Analysen visueller und non-verbaler Praktiken willkommen. Inhaltlich können folgende Punkte adressiert werden:
Einreichungen können noch bis zum 31.10.2023 unter meineDVPW erfolgen. Wir freuen uns auf Ihre und eure Vorschläge!
Organisator*innen / Organizers:
Die Diagnose, dass wir in einer globalisierten Welt des Umbruchs und einer Zeit multipler Krisen leben, ist allgegenwärtig. Dies geht mit der Infragestellung bestehenden politischer Ordnungen einher, sei es auf nationaler oder auf internationaler Ebene. So sind Politisierung und Kontestation zu Phänomenen geworden, die alle Facetten des Handelns von Staaten sowie anderen internationalen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Akteuren erfasst haben. Die Spannbreite von Kontestation wirft eine Vielzahl von Fragen auf, denen sich die Teilbereiche der Politikwissenschaften auf unterschiedliche Weise angenommen haben.
So stellt sich zum einen die Frage nach dem Zusammenhang von Kontestation und Krise. Ist etwa die Wahl von Populist:innen in Regierungsämter die Krise oder führt vielmehr ihre Kontestation liberaler Politik und multilateraler Regime zur Krise? Zum anderen weist die Normenforschung auch auf die positiven Potentiale von Krisen hin, etwa als Wendepunkte und Heuristiken, die Legitimationspotentiale und -lücken aufzeigen. In der Diskursforschung ist Kontestation in Form von Gegendiskursen und widerständigen sozialen Praktiken zentraler Bestandteil der Konstruktion sozialer Wirklichkeit. Diskurstheoretische Ansätze können so unter anderem einen Beitrag zum Verständnis von (De-)Legitimationsprozessen von Institutionen beitragen. Die Forschung zu internationalen Organisationen (IOs) hat vielfältige Literatur zur Politisierung von Global Governance-Prozessen hervorgebracht und das Verständnis von populistischen Herausforderungen der liberalen internationalen Ordnung und IOs erweitert. Auch die non-compliance-Forschung stellt eine Form der Kontestationsforschung dar, die sich mit den Konflikten um und mit der (Nicht-)Einhaltung von Absprachen und Verträgen befasst. In diesem Zusammenhang rückt zunehmend auch die Rolle von Werten und Normen als Erklärungsfaktor in den Blick.
Beiträge können sich dabei auf mit folgenden Fragen auseinandersetzen, sind aber nicht auf sie beschränkt:
Neben der inhaltlichen Diskussion zielt die Perspektivtagung darauf ab, die Vernetzung von Wissenschaftler:innen untereinander zu stärken. Hierzu wird im Rahmen eines Workshops zu Beginn der Tagung durch die Integration von Problem-Based Learning ein vertieftes Verständnis für die jeweiligen Zugänge zum Tagungsthema geschaffen und so die gemeinsame Grundlage für die Diskussionen der kommenden Tage gelegt.
Wir laden Wissenschaftler:innen aller Qualifikationsstufen ein, Ihre Beitragsvorschläge in Form eines Abstracts mit maximal 300 Wörtern bis zum 26.11.2023 an perspektivtagungpolitik.uni-kielde zu senden.
Die Diagnose, dass wir in einer globalisierten Welt des Umbruchs und einer Zeit multipler Krisen leben, ist allgegenwärtig. Dies geht mit der Infragestellung bestehenden politischer Ordnungen einher, sei es auf nationaler oder auf internationaler Ebene. So sind Politisierung und Kontestation zu Phänomenen geworden, die alle Facetten des Handelns von Staaten sowie anderen internationalen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Akteuren erfasst haben. Die Spannbreite von Kontestation wirft eine Vielzahl von Fragen auf, denen sich die Teilbereiche der Politikwissenschaften auf unterschiedliche Weise angenommen haben.
So stellt sich zum einen die Frage nach dem Zusammenhang von Kontestation und Krise. Ist etwa die Wahl von Populist:innen in Regierungsämter die Krise oder führt vielmehr ihre Kontestation liberaler Politik und multilateraler Regime zur Krise? Zum anderen weist die Normenforschung auch auf die positiven Potentiale von Krisen hin, etwa als Wendepunkte und Heuristiken, die Legitimationspotentiale und -lücken aufzeigen. In der Diskursforschung ist Kontestation in Form von Gegendiskursen und widerständigen sozialen Praktiken zentraler Bestandteil der Konstruktion sozialer Wirklichkeit. Diskurstheoretische Ansätze können so unter anderem einen Beitrag zum Verständnis von (De-)Legitimationsprozessen von Institutionen beitragen. Die Forschung zu internationalen Organisationen (IOs) hat vielfältige Literatur zur Politisierung von Global Governance-Prozessen hervorgebracht und das Verständnis von populistischen Herausforderungen der liberalen internationalen Ordnung und IOs erweitert. Auch die non-compliance-Forschung stellt eine Form der Kontestationsforschung dar, die sich mit den Konflikten um und mit der (Nicht-)Einhaltung von Absprachen und Verträgen befasst. In diesem Zusammenhang rückt zunehmend auch die Rolle von Werten und Normen als Erklärungsfaktor in den Blick.
Beiträge können sich dabei auf mit folgenden Fragen auseinandersetzen, sind aber nicht auf sie beschränkt:
Neben der inhaltlichen Diskussion zielt die Perspektivtagung darauf ab, die Vernetzung von Wissenschaftler:innen untereinander zu stärken. Hierzu wird im Rahmen eines Workshops zu Beginn der Tagung durch die Integration von Problem-Based Learning ein vertieftes Verständnis für die jeweiligen Zugänge zum Tagungsthema geschaffen und so die gemeinsame Grundlage für die Diskussionen der kommenden Tage gelegt.
Wir laden Wissenschaftler:innen aller Qualifikationsstufen ein, Ihre Beitragsvorschläge in Form eines Abstracts mit maximal 300 Wörtern bis zum 26.11.2023 an perspektivtagungpolitik.uni-kielde zu senden.
Tagung der Themengruppe Populismus (DVPW) in Kooperation mit der Themengruppe Diskursforschung (DVPW)
An der Philipps-Universität Marburg
Organisation: Malte Albrecht, Tobias Boos, Daniela Caterina, Elena Dück, John Kannankulam, Kolja Möller, Benjamin Opratko, Johanna Schafgans Muñoz