Deutsche Vereinigung für Politikwissenschaft
Vergleichende Politikwissenschaft

 

Vom 20.-22.September findet an der Universität Duisburg-Essen ein Kongress der Sektion „Vergleichende Politikwissenschaft“ statt. Diese Tagung beschäftigt sich mit Fragestellungen und Forschungsproblematiken rund um das Thema „Regieren, Government und Governance – Institutionen, Akteure und Politikfelder in vergleichender Perspektive“. 

Der Gegenstand der Regierungslehre als klassischem Kernbereich der vergleichenden Politikwissenschaft hat sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt. Während die bundesdeutsche Regierungslehre eher auf das ideengeschichtliche Verständnis von Regieren als „Führen zu einem guten Ziel“ bzw. die institutionelle Ausgestaltung von politischen Systemen Bezug nahm, setzte sich im Rahmen der vergleichenden Regierungs(system)lehre dagegen weitgehend ein Verständnis von Regieren im Sinne des angloamerikanischen Government durch – die Koordination, Leitung und Entscheidungsfindung innerhalb des gesamten politischen Systems unter Einbezug aller drei Gewalten. Neuere Ansätze der Regierungelehre bezogen dann zum einen die Ergebnisse der Policy-Forschung unter einer übergreifenden Fragestellung ein – der nach den Techniken, Instrumenten, Handlungsoptionen und Strategien des Regierens. Zum anderen ergaben sich Schnittmengen des Regierungsbegriffs mit dem steuerungs-theoretischen Ansatz, der aus der Policy-Forschung entwickelt wurde.


Die politikwissenschaftliche Debatte um Regieren / Government versus Governance zielt nun seit einigen Jahren jenseits der Frage, wie das Handeln von Regierungen organisiert oder optimiert werden kann, auf dessen Veränderungen: Governance umfasst Ansätze, die untersuchen oder beschreiben, dass und wie sich Regierungshandeln weg von stärker hierarchisch strukturierten Formen (Regieren/Government) hin zu eher kooperativeren Prozessen verändert, die in verschiedenen Formen auch gesellschaftliche Akteure einbeziehen (Governance). Der Begriff Governance deutet somit auch eine Veränderung der Richtung von Regierungshandeln an: Es geht weniger um Prozesse, die von oben nach unten verlaufen, sondern verstärkt auch um horizontale Verhandlungs- und Kooperationsprozesse. Bürger/innen sind nicht mehr allein Betroffene, sondern immer stärker auch Beteiligte, Entscheider/innen und Kund/innen. Hinzu kommt die Frage der Veränderung der Regierungsebenen und ihrer Verflechtung: Die Nationalstaaten sind nicht mehr der einzige Schauplatz für Regieren und Governance, sondern sie werden zunehmend Teil eines Mehrebenensystems aus EU, Nationalstaat und Regionen bzw. Kommunen.

Es ist Ziel der Konferenz, die Folgen dieser Entwicklungen und Debatten für die vergleichende Forschung zu thematisieren. Wie schlagen sich die skizzierten Entwicklungen in der vergleichenden Forschung nieder? Was wird aktuell zu den Stichworten Regierung/Regieren oder Governance verglichen? Welche Perspektiven sollen zukünftig eröffnet werden?