Deutsche Vereinigung für Politikwissenschaft
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DVPW kritisiert einstweilige Verfügung gegen PD Dr. Steffen Kailitz

 

 

Stellungnahme der Deutschen Vereinigung für Politische Wissen­schaft (DVPW)

 

DVPW kritisiert einstweilige Verfügung gegen PD Dr. Steffen Kailitz

 

Mit großem Befremden haben Vorstand und Beirat der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft die Entscheidung des Land­gerichts Dresden aufgenommen, dem Politikwissenschaftler PD Dr. Steffen Kailitz zu untersagen, seine Bewertung der programmatischen Ziele der rechtsextremistischen NPD weiterhin öffentlich vorzutragen. Das Gericht hat damit dem Antrag auf eine einstweilige Verfügung der NPD stattgegeben (Beschluss vom 10.05.2016, Az. 3 O 925/16 EV). Herr Kailitz arbeitet am Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismus­forschung der TU Dresden und gehört zu den bekanntesten deutschen Extremismusforschern.

 

Der Beschluss des Landgerichts beschneidet die Wissenschaftsfreiheit. Unser Kollege Kailitz darf nicht mehr öffentlich und in Fachpublikationen vertreten, dass die NPD „rassistisch motivierte Staatsverbrechen“ plane und „acht bis elf Millionen Menschen aus Deutschland vertreiben“ wolle, darunter „mehrere Millionen deutscher Staatsbürger mit Migrationshintergrund", wie er es unter anderem in einem Gastbeitrag für ZEIT-Online am 5.5.2016 getan hat. Diese Äußerungen beruhen auf seiner jahrelangen wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit politischem Extremismus im Allgemeinen und mit der NPD im Speziellen. Forschungsergebnisse öffentlich darzustellen, gehört zu den zentralen Aufgaben von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Natürlich dürfen sowohl die Forschung als auch darauf beruhende Schlussfolgerungen kritisiert werden, aber deren Veröffentlichung gerichtlich zu unterbinden, schränkt die Freiheit der Wissenschaft unzulässig ein.

 

Geradezu grotesk wirkt der Beschluss des Landgerichts Dresden vor dem Hintergrund, dass PD Dr. Kailitz vom Bundesverfassungsgericht Anfang März als Sachverständiger im NPD-Verbotsverfahren angehört wurde. Aufgrund der angedrohten weitreichenden Konsequenzen erscheint es schwer verständlich, weshalb der Unterlassungsbeschluss ohne mündliche Verhandlung erging, und dass eine Begründung der Entscheidung nicht vorliegt. Wir haben volles Vertrauen, dass der Beschluss des Landgerichts Dresden korrigiert werden wird, sodass auch zukünftig eine politikwissenschaftlich fundierte Kritik extremistischer Parteien möglich bleibt.

 

Vorstand und Beirat der DVPW

Osnabrück, den 19. Mai 2016

 

Stellungnahme als pdf-Datei