Deutsche Vereinigung für Politikwissenschaft
«

DVPW-Stellungnahme zu Plagiaten in der Politikwissenschaft

Plagiate in der Politikwissenschaft

Leider kommt es auch in der Politikwissenschaft vor, dass plagiiert wird. Plagiate müssen sanktioniert werden, denn die Integrität wissenschaftlichen Arbeitens hängt davon ab, alle Quellen und Hilfsmittel offenzulegen und durch exakte Nachweise eine Überprüfung zu ermöglichen. Plagiate sind zu ahnden, unabhängig davon, in welchem Textabschnitt sie auftauchen. In der öffentlichen Diskussion ist jüngst der Eindruck entstanden, dass Plagiate in der Politikwissenschaft nicht hinreichend sanktioniert werden. Dieser Einschätzung widersprechen wir und möchten mit den folgenden Punkten zu einem besseren Verständnis der Sachlage beitragen. Wir konzentrieren uns dabei auf Plagiate in Qualifikationsarbeiten, da hier den Universitäten eine unmittelbare Verfahrensverantwortung zukommt.  

  1. In Deutschland nimmt der/die Betreuer*in einer Qualifikationsarbeit in der Regel eine – durchaus diskussionswürdige – Doppelrolle ein. Zum einen begleitet er/sie die Entstehung der Arbeit und berät die Promovierenden. Zum anderen wird er/sie meist Mitglied der Promotionskommission sein und das Erstgutachten erstellen. Darüber hinaus gibt es immer ein Zweitgutachten einer in der Regel nicht unmittelbar an der Betreuung beteiligten Person sowie – an vielen Institutionen – bei der Note summa cum laude ein externes und unabhängiges Drittgutachten. In der Promotionskommission sitzen darüber hinaus noch weitere Mitglieder. Alle Hochschullehrer*innen der Fakultät haben üblicherweise ein Recht auf Einsicht in die Erst- und Zweitgutachten sowie die Dissertationsschrift und immer die Möglichkeit zum Widerspruch. Dadurch soll gewährleistet werden, dass die Leistung in der Qualifikationsarbeit möglichst objektiv beurteilt wird und dass ein wissenschaftliches Fehlverhalten möglichst entdeckt wird. Auch eine Software zur Plagiatsprüfung kann eingesetzt werden, aber dies geschieht häufig erst dann, wenn bereits ein Anfangsverdacht besteht. Zudem trifft nicht auf alles, was in automatisierten Verfahren als Mangel benannt wird, der Tatbestand des Plagiats zu.
  2. Wenn im Nachhinein ein Plagiat in einer Qualifikationsarbeit entdeckt wird, ist dies für den/die Betreuer*in der Arbeit extrem ärgerlich – aber den Eindruck zu erwecken, er/sie sei für diese Täuschung verantwortlich, verkennt die grundsätzliche Verantwortlichkeit. Denn es liegt immer in der Verantwortung der Person, die eine Arbeit verfasst, wissenschaftlich korrekt zu arbeiten. Dies bestätigt der oder die Verfasser*in an Eides statt in einer schriftlichen Erklärung, die jeder Qualifikationsarbeit beigefügt ist. Natürlich hoffen alle, die eine Arbeit betreuen, dass sie eventuelle Plagiate selbst und frühzeitig entdecken. Falls dies jedoch nicht der Fall ist, liegt das Fehlverhalten bei der Person, die die Arbeit verfasst hat, nicht bei der betreuenden Person. Ein Plagiat nicht zu entdecken, muss keineswegs bedeuten, dass die Betreuer*in ihre Betreuungspflicht vernachlässigt oder verletzt hat.
  3. Wird ein Plagiatsfall aufgedeckt, obliegt es der Universität, diesen Verdacht gewissenhaft und entsprechend den geltenden Verfahrensregeln zu prüfen. Auch hier gibt es unterschiedliche, rechtlich definierte Vorgehensweisen, jedoch wird in der Regel die beanstandete Arbeit innerhalb der Universität geprüft, indem der Promotionsausschuss selbst diese Aufgabe übernimmt oder dafür eine Kommission einsetzt. Bei einem Plagiatsverdacht wird generell nicht die Note der Arbeit überprüft, sondern es geht um die Feststellung, ob eine objektive, absichtsvolle Täuschung vorliegt. Es werden auch nicht die Qualität der Betreuung oder die Angemessenheit der Note übergeprüft, sondern die Qualifikationsarbeit des Verfassers/ der Verfasserin wird auf wissenschaftliches Fehlverhalten untersucht. Einer Kommission, die sich an diesen von der Universität klar definierten Auftrag hält, ist daher die Umsetzung dieses Prüfungsverfahrens nicht vorzuwerfen. An der Überprüfung des Plagiatsverdachts beteiligte Kolleg*innen sind nicht automatisch befangen, wenn sie mit dem/der Betreuer*in der in Frage stehenden Arbeit in anderen Kontexten zusammengearbeitet haben oder aktuell zusammenarbeiten.

Plagiate sind in der Welt der Wissenschaft schwerwiegende Vergehen. Wer vorsätzlich täuscht, kann nicht hoffen, weiter Teil der Community zu sein. Die ganz große Mehrheit der Politikwissenschaftler*innen leistet großartige, wissenschaftlich korrekte Arbeit und sollte nicht in Mithaftung für das Fehlverhalten einzelner genommen werden.

Beschlossen vom Vorstand der DVPW im März 2021.

Diese und andere Stellungnahmen finden Sie hier zum Download.