Deutsche Vereinigung für Politikwissenschaft
Arbeitskreis "Soziologie der internationalen Beziehungen"

Entgrenzte politische Teilhabe? Beiträge zu einer politischen Soziologie transnationaler Mobilisierungs- bzw. Partizipationsprozesse

Arbeitstagung des DVPW-Arbeitskreises Soziologie der internationalen Beziehungen (AK SiB) in Kooperation mit dem Verein für Protest- und Bewegungsforschung

Der Workshop beschäftigt sich mit der sozialen Konstruktion und Transformation politischer Teilhabe, die sich im Zuge einer Migration von Entscheidungen in inter- bzw. transnationale Institutionen ebenfalls transnationalisiert. Ausgangspunkt ist dabei zum einen die gängige Beobachtung, dass sich globales Regieren immer mehr für nichtstaatliche Akteure (Unternehmen, Verbände, Gewerkschaften, NGOs) öffnen – nicht zuletzt (aber auch nicht nur) im Zuge des viel beachteten „participatory turns“ internationaler Organisationen und Foren. Gleichzeitig wissen wir jedoch wenig darüber, welche vorangehenden Ressourcen, Prozesse und Machtkonflikte Zugangsmöglichkeiten für bestimmte Gruppen bzw. Akteure schaffen oder beschränken. Auch reproduziert sich eine sowohl inner- als auch zwischengesellschaftliche Ungleichheit an materiellen und immateriellen Ressourcen augenscheinlich auf der Ebene transnationaler Teilhabe(chancen), was deren soziologisch fundierte Analyse zum zentralen Ausgangspunkt einer kritischen IB macht. Die Grenzen zwischen Partizipation und Mobilisierung verwischen dabei zusehends; eine soziologische Perspektive scheint schließlich auch prädestiniert, das sich wandelnde Verständnis von Teilhabe selbst zu rekonstruieren. Sowohl die Konstruktion als auch die Nutzung von Zugang wird somit zu einem Produkt komplexer – i.w.S. sozialer – Mechanismen, deren Analyse einer bereits in Ansätzen vorhandenen, aber bislang kaum integrierten „politischen Soziologie transnationaler Mobilisierungs- bzw. Partizipationsprozesse“ aufgegeben ist. Wir laden alle Interessierten herzlich dazu ein, Beitragsvorschläge einzureichen. Mögliche Themenbereiche und Fragestellungen sind:

Inwiefern generieren transnationale Mobilisierungsprozesse neue transnationale Beteiligungsmöglichkeiten oder unterminieren diese? Unter welchen Bedingungen gibt es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen Partizipation und politischer Teilhabe in Form von Mitgestaltungsmöglichkeit? Welche Mechanismen übersetzen Partizipation in Macht und Einfluss?
Wie steht es um die interkulturelle „Reisefähigkeit“ von Partizipationsformen und Inklusionsmechanismen, d.h. inwiefern ermöglichen etwa transnationale Kampagnen eine – unter normativen Gesichtspunkten gerechte bzw. faire – politische Teilhabe über kulturelle Grenzen hinweg?
Inwiefern führt eine institutionalisierte Inklusion seitens internationaler Institutionen zu einer Reproduktion transnationaler Eliten bzw. politischer Ungleichheit? Oder gibt es transformative Rückkopplungsschleifen transnationaler Inklusion auf lokale oder nationale Machtverhältnisse?
Inwiefern ist Zugang und Einfluss begleitet von Kämpfen um Anerkennung und Akzeptanz zwischen nichtstaatlichen Akteuren? Wie verlaufen Auseinandersetzungen zwischen um Einfluss ringende NGOs, SMOs, think tanks, MNCs, Gewerkschaften ect.? Welche Rolle spielt dabei Legitimitätsgewinne durch Netzwerkbildung?
Welche neuen transnationalen Beteiligungsformen entstehen im Kontext transnationaler Unternehmen und ihrem supply chain governance? Inwiefern weisen solche Beteiligungsformen (z.B. Partizipation in Multistakeholderinitativen, political consumerism, oder corporate campaigning) Ähnlichkeiten zur Teilhabe in internationalen Organisationen auf?

Zeit: 12.06.2015  
Ort: Zentrum Technik und Gesellschaft der TU Berlin
Organisation: Sabrina Zajak (Universität Bochum)
Matthias Ecker-Ehrhardt (FU Berlin)