Die Implementierung von Antidiskriminierungsmaßnahmen, die eine Benachteiligung von Angehörigen unterrepräsentierter Gruppen wie Frauen, LSBTIQ oder ethnischen Minderheiten beseitigen sollen, gehört zu den umstrittensten und am stärksten polarisierenden Formen von Identitätspolitik. Darunter fallen auch Regelungen zur Bevorzugung von Kandidat*innen aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit in Bewerbungsprozessen für begehrte und gesellschaftlich angesehene Führungspositionen.
Im Fokus der aktuellen Debatte zur Wahlrechtsreform in Deutschland steht vor allem das mögliche weitere Anwachsen des Bundestages sowie die Auswirkungen verschiedener Lösungsansätze auf die Mandatszahlen der großen und kleinen Parteien. Dabei ist davon auszugehen, dass jede Änderung des Wahlrechts sich auf eine Vielzahl von Faktoren auswirkt, angefangen von den Verhaltensanreizen für Abgeordnete, sich in den Wahlkreisen verstärkt zu engagieren, über die Demokratiezufriedenheit der Bevölkerung bis hin zu den Wahlchancen für Menschen mit Migrationshintergrund oder Frauen. In diesem Beitrag möchte ich die Repräsentation von Frauen in den Blick nehmen und beleuchten, wie sich das deutsche Wahlrecht aktuell und nach einer möglichen Reform auf den Frauenanteil im Bundestag auswirkt.
Seit nun über sechs Jahren ist das Problem bekannt, dass das neue Wahlgesetz von 2013 das Risiko beinhaltet, zu einer erheblichen Vergrößerung des Bundestags beizutragen. 2017 wurde dieses dem System inhärente Risiko plastisch realisiert, als der Bundestag aufgrund von 111 zusätzlichen Überhang- und Ausgleichsmandaten eine historische Rekordgröße erhielt. Die sechsjährige Debatte brachte bisher keinen mehrheitsfähigen Gesetzesentwurf zustande, der das Problem erfolgreich behandeln könnte. Es ist daher nicht einmal so, dass der Berg kreißte und am Ende eine Maus gebar, bestenfalls reichte es bislang für einige Scheinschwangerschaften.