Nachdem noch vor rund einem Jahr die Einschätzung der drei ostdeutschen Landtagswahlen im Herbst 2019 deutschlandweit oft als nachgeordnet angesehen wurde, änderte sich diese Ansicht im Laufe des Jahres massiv. Zuletzt wurde sogar schon von Schicksalswahlen der Regierung Merkel gesprochen. Nicht mehr die Zahl der Wähler*innen stand im Mittelpunkt, sondern ihre (befürchtete) politische Dynamik. Maßgeblich für diesen Aufmerksamkeitsgewinn waren ein mögliches Abstrafen der Parteien der Bundesregierung wie die prognostizierten Erfolge der rechtspopulistischen AfD. Nicht nur ließen deren Ergebnisse bei den Europawahlen im Frühjahr 2019 große Erfolge in den Landtagswahlen erwarten, die Landesverbände der AfD in Brandenburg, Sachsen und Thüringen zählen innerhalb der AfD zu den radikal bis rechtsradikal aufgestellten Verbänden. Die Spitzenkandidaten aller dreier Landesverbände werden dem sogenannten „Flügel“ zugerechnet und stehen im Ruf, teils rechtsextremistische Positionen zu vertreten. Ihre Erfolge könnten zu einem innerparteilichen Machtgewinn der radikalen Kräfte in der AfD führen. Darüber hinaus wurde über massive systemische Effekte spekuliert. In Sachsen und Brandenburg wurde befürchtet, dass die AfD – in Sachsen wie schon bei den Bundestagswahlen 2017 – zur stärksten Partei werden könnte; in Thüringen drohte aufgrund ihrer Stärke eine teilweise Unregierbarkeit aufgrund fehlender belastbarer Mehrheitsverhältnisse.
Im Zuge der aktuellen klimapolitischen Debatten rückt der Konsum tierischer Produkte in den Fokus der Aufmerksamkeit. Zwar geht der Fleischkonsum in Deutschland tendenziell zurück, jedoch zählen wir nach wie vor zu den europa- als auch weltweit größten Fleischproduzenten. Die im internationalen Wettbewerb stehende und exportorientierte Branche ist hoch spezialisiert und regional stark konzentriert. Neben negativen Umweltwirkungen, wie die zuletzt durch den Europäischen Gerichtshof angemahnte erhöhte Nitratbelastung von Wasserressourcen, rücken tierschutzpolitische Aspekte in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Die Mehrheit der Europäer gibt in repräsentativen Umfragen an, dass der Schutz der Nutztiere, sogar vor dem Umweltschutz, eine der wichtigsten Aufgaben von Landwirten sein sollte (Eurobarometer Daten 2016). Ein weiteres Indiz ist die kürzlich abgeschlossene Europäische Bürgerinitiative (ECI) „End the Cage Age“, die sich für ein Verbot von Käfighaltung in der Nutztierhaltung einsetzt (mit über 1,5 Millionen Unterschriften zählt sie zu den drei erfolgreichsten ECIs überhaupt; ab 1 Million Unterschriften muss die EU Kommission über die Forderungen beraten).
Als Reaktion auf die Abwanderung vieler Wähler*innen zu rechtspopulistischen Parteien in Europa werden derzeit in der politischen Wissenschaft und Praxis diverse Formen der Bürgerbeteiligung diskutiert und durchgeführt. Zyklische Debatte über Partizipation und Deliberation umfassen u. a. Volksentscheide auf nationaler Ebene in Deutschland, die Möglichkeit eines Bürgereinwandes auf Landesebene in Sachsen, Bürgerräte in Belgien, die die legislative Tätigkeit der gewählten Repräsentanten dauerhaft flankieren sollen und Bürgerversammlungen auf nationaler Ebene in Irland, die Lösungen für zentrale gesellschaftspolitische Fragen wie die gleichgeschlechtliche Ehe und Abtreibung erarbeiten.