Der Beitrag zeigt am Beispiel der Umsetzung des Klimaschutzprogramms REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation) und der Ausweitung des agroindustriellen Ölpalmenanbaus in Indonesien, wie räumliche Restrukturierung die Landrechte lokaler Bevölkerungsgruppen einschränken können. Zeitgleich ermöglicht die Entstehung neuer transnationaler Verhandlungs- und Bedeutungsebenen insbesondere indigenen Gruppen,Widerstand gegenüber Landnahmen durch die Agroindustrie zu leisten, indem sie lokale und nationale scales (scale jumping) überspringen und sich auf Regeln transnationaler Zertifizierungssysteme wie dem Roundtable for Sustainable Palmoil (RSPO) beziehen. Allerdings ist die agency der Akteur*innen von deren Wissen um Maßstäbe und ihre Bedeutungen abhängig und das emanzipatorische Potential von Maßstabswechseln muss im Kontext von Forderungen der Dekolonisierung von Ressourcenpolitik gesehen werden.
In der deutschen Politikwissenschaft werden geografische Begriffe oft noch nicht ausreichend kritisch reflektiert. Die zumeist geografisch ausgerichteten subdisziplinären Unterteilungen setzen der Erklärung komplexer und Ebenen-übergreifender, politischer Strukturen und Verflechtungen Grenzen. Zudem zementieren sie die Vorstellung einer quasi-natürlichen Hierarchie. Das der Humangeografie entlehnte Konzept der politics of scale eignet sich für eine Problematisierung von Raumkonstruktionen. Denn es betont die Konstruiertheit von Raum, und die Produktion unterschiedlicher Maßstabsebenen als Ergebnis sozialer Konflikte, ohne dabei a priori zu hierarchisieren. Es erlaubt zudem die Analyse der machtpolitischen Effekte bestimmter Skalierungen. Es kann somit sowohl politikwissenschaftliche Analysen verfeinern als auch die Sprechfähigkeit zwischen den Subdisziplinen verbessern – und schließlich neue Impulse für eine kritische Reflexion des Verhältnisses von Wissenschaft und Politik geben.
Auf ihrem 33. Parteitag hat die CDU Armin Laschet zum neuen Vorsitzenden gewählt. Doch welche Auswirkungen wird der Wettkampf um die innerparteiliche Führungsfrage auf die Wahrnehmung der Partei und auf das Wahlergebnis der CDU bei der kommenden Bundestagswahl am 26. September haben? Während das Profil von Parteivorsitzenden für das Wahlverhalten der Wähler*innen von zunehmender Bedeutung ist, zeigen neuste Studien, dass der öffentliche Wettstreit um den Parteivorsitz in Regierungsparteien wie der CDU zu sinkenden Stimmenanteilen bei der nächsten Parlamentswahl führt.
Deutschland hatte von 1. Juli bis zum 31. Dezember 2020 die EU-Ratspräsidentschaft inne. Das Treffen des Europäischen Rates am 10. Dezember 2020 hat eine Einigung gebracht, die in den Augen vieler Beobachter einen symbolisch weitreichenden Schritt für die europäische Integration darstellt: Die 27 Staats- und Regierungschef*innen haben sich unter anderem auf die Aufnahme gemeinsamer Schulden geeinigt, um einen europäischen Fonds zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise in den Mitgliedstaaten aufzulegen. Ein solches Instrument wurde bereits im März durch einen Brief von neun Mitgliedsregierungen unter der Führung Frankreichs und Italiens unter dem Stichwort „Coronabonds“ gefordert. Während sich Deutschland in der Eurozonenkrise strikt gegen Formen der kollektiven Schuldenfinanzierung gesperrt hat, hat es schon im Mai zusammen mit Frankreich eine Initiative vorgelegt, die solche Instrumente vorsieht. Wie bestimmte die Übernahme des Vorsitzes im Rat der EU im zweiten Halbjahr 2020 diesen in Europa weithin beachteten „Sinneswandel“ der deutschen Bundesregierung?